Wirtschaftsstruktur von Dienstleistungen bestimmt
Die Dienstleistungsbereiche haben in Neustadt an der Weinstraße ein besonders hohes Gewicht, mehr als vier Fünftel der Wertschöpfung entfiel 2022 auf den tertiären Sektor (83 Prozent). Das war der höchste Wertschöpfungsanteil im Vergleich aller kreisfreien Städte und Landkreise. Im Durchschnitt der kreisfreien Städte sowie im Landesmittel lag der Wert mit 70 bzw. 66 Prozent deutlich niedriger. Insgesamt wurden rund 1,38 Milliarden Euro in den Bereichen „Öffentliche und sonstige Dienstleistungen, Erziehung, Gesundheit“, „Finanzierung, Vermietung und Unternehmensdienstleistungen“ sowie „Handel, Gastgewerbe und Verkehr“ erwirtschaftet.
Der Bereich „Öffentliche und sonstige Dienstleistungen, Erziehung, Gesundheit“ leistete 2022 mit insgesamt 585 Millionen Euro den größten Beitrag zur gesamten Wirtschaftsleistung der Stadt. Mit 35 Prozent lag der Wertschöpfungsanteil auch deutlich über dem Städtedurchschnitt (25 Prozent) und dem Landesmittel (23 Prozent). Zu diesem Wirtschaftsbereich gehören neben der öffentlichen Verwaltung auch das Erziehungs- und Unterrichtswesen, das Gesundheits- und Sozialwesen, Kunst, Unterhaltung und Erholung sowie private Haushalte mit Hauspersonal. Auf die öffentliche Verwaltung entfiel in Neustadt ein überdurchschnittlich hoher Anteil: Die Stadt ist Sitz der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd sowie des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz. Außerdem ist in Neustadt die Generalzolldirektion – Direktion IV – Verbrauchsteuer- und Verkehrsteuerrecht sowie Prüfungsdienst ansässig, ebenso das Dienstleistungszentrum ländlicher Raum Rheinpfalz. Seit 2012 hat sich die Wertschöpfung dieses Bereichs in Neustadt deutlich gesteigert (+40 Prozent), im Städte- und Landesdurchschnitt war der Anstieg geringfügig niedriger (jeweils +39 Prozent).
Der Bereich „Finanzierung, Vermietung und Unternehmensdienstleistungen“ trug 441 Millionen Euro bzw. 27 Prozent zur Wertschöpfung der Stadt bei (kreisfreie Städte: 28 Prozent; Rheinland-Pfalz: 24 Prozent). Hierzu gehören das Kredit- und Versicherungsgewerbe, Grundstücks- und Wohnungswesen einschließlich der Wohnungsvermietung und Dienstleistungen für Unternehmen. Im Vergleich zu 2012 stieg die Wertschöpfung des Bereichs in Neustadt mit +21 Prozent nur unterdurchschnittlich. Im Landesmittel lag das Plus bei 57 Prozent, im Durchschnitt der kreisfreien Städte bei 99 Prozent – der kräftige Anstieg ist vor allem auf die Entwicklung in Mainz 2021 und 2022 in einer einzelnen Branche zurückzuführen, die von der Entwicklung und Produktion eines Coronaimpfstoffs profitiert. Ein Viertel der rheinland-pfälzischen Wertschöpfung des Bereichs „Finanzierung, Vermietung und Unternehmensdienstleister“ wurde 2022 in Mainz erwirtschaftet.
Auf den Wirtschaftsbereich „Handel, Gastgewerbe und Verkehr“ entfielen im Jahr 2022 rund 352 Millionen Euro bzw. 21 Prozent der Wertschöpfung. Im Durchschnitt der kreisfreien Städte sowie im Land insgesamt war der Anteil etwas geringer (18 bzw. 19 Prozent). Die Wirtschaftsleistung dieses Bereichs ist in den letzten zehn Jahren in Neustadt um 30 Prozent gestiegen (kreisfreie Städte: +33 Prozent; Rheinland-Pfalz: +54 Prozent).
Das Produzierende Gewerbe hat in Neustadt hat relativ geringes Gewicht: Lediglich 15 Prozent der Wertschöpfung wurden 2022 in diesem Bereich erwirtschaftet, das ist der geringste Wert aller Verwaltungsbezirke. Im Landesdurchschnitt lag der Anteil mehr als doppelt so hoch (33 Prozent; kreisfreie Städte: 30 Prozent). Zwischen 2012 und 2022 ist die Wertschöpfung im Produzierenden Gewerbe in Neustadt um 32 Prozent gewachsen (kreisfreie Städte: +28 Prozent; Rheinland-Pfalz +34 Prozent). Das unterdurchschnittliche Gewicht des Produzierenden Gewerbes erklärt sich vor allem durch das Verarbeitende Gewerbe: In Neustadt wurden 2022 nur fünf Prozent der Wertschöpfung hier erwirtschaftet, im Städte- und Landesdurchschnitt waren es 23 Prozent. Die Entwicklung der Industrie weicht zudem deutlich von der durchschnittlichen Entwicklung ab: In Neustadt erhöhte sich die Wertschöpfung gegenüber 2012 nur um neun Prozent während im Durchschnitt der kreisfreien Städte bzw. im Land insgesamt ein Wachstum von 24 bzw. 25 Prozent festzustellen war.
Der Wirtschaftsbereich „Land- und Forstwirtschaft, Fischerei“ hat trotz seines relativ geringen Anteils von 2,1 Prozent im Jahr 2022 durch den Weinbau eine große Bedeutung für Neustadt. Unter den kreisfreien Städten ist das der höchste Anteil (Durchschnitt: 0,3 Prozent; Rheinland-Pfalz: 1,3 Prozent). Neustadt ist mit gut 2.000 Hektar bestockter Rebfläche nach Landau in der Pfalz die zweitgrößte Weinbaugemeinde Deutschlands.
Pro-Kopf-Einkommen deutlich über dem Durchschnitt
Insgesamt standen den privaten Haushalten in Neustadt 2022 rund 1,57 Mrd. Euro zur Verfügung. Damit lag der Anteil am Land bei 1,5 Prozent. Im Vergleich zu 2012 ist das verfügbare Einkommen in der Stadt – ebenso wie im Durchschnitt der kreisfreien Städte – um 29 Prozent gestiegen; im Landesmittel lag der Zuwachs mit +31 Prozent etwas höher. Bezogen auf die Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner ergibt sich für 2022 ein verfügbares Pro-Kopf-Einkommen in Höhe von 29.230 Euro. Damit erreichte Neustadt den höchsten Wert der kreisfreien Städte und den dritthöchsten Wert des Landes. Das Pro-Kopf-Einkommen von Neustadt wurde nur vom Landkreis Bad Dürkheim (30.170 Euro) und dem Rhein-Pfalz-Kreis (30.050 Euro) übertroffen.
Verfügbares Einkommen der privaten Haushalte¹
EUR
1 Einschließlich der privaten Organisationen ohne Erwerbszweck.
© Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz
Das verfügbare Einkommen der privaten Haushalte ist das Einkommen, das ihnen für den Konsum und die Vermögensbildung zur Verfügung steht. Es spiegelt das Einkommen aus der Teilnahme am Wirtschaftsprozess wider, das nach Umverteilung bei den Haushalten verbleibt. Damit ist diese Kennzahl ein wichtiger Indikator für den materiellen Wohlstand und die potenzielle Kaufkraft in Neustadt. Der Sektor „Private Haushalte“ umfasst dabei nicht nur die privaten Haushalte im engeren Sinne, sondern allgemein Einzelpersonen bzw. Gruppen von Einzelpersonen als Konsumenten, aber auch als Produzenten (z. B. Einzelunternehmerinnen und Einzelunternehmer, selbstständige Landwirtinnen und Landwirte, Freiberuflerinnen und Freiberufler). Im Unterschied zum Bruttoinlandsprodukt, das am Ort der Produktion nachgewiesen wird (Inlandskonzept), ist das verfügbare Einkommen eine wohnortbezogene Größe (Inländerkonzept).
Die Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen stellen das umfassendste statistische Instrumentarium der Wirtschaftsbeobachtung dar. Um ein solches System auch für die Länder zu erstellen, wurde 1954 der Arbeitskreis „Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder“ gegründet. Diesem Arbeitskreis gehören die Statistischen Ämter der 16 Bundesländer sowie das Statistische Bundesamt und das Statistische Amt der Landeshauptstadt Stuttgart als Vertreter des Deutschen Städtetages an. Das Datenangebot des Arbeitskreises deckt weitgehend die Entstehungs-, Verteilungs- und Verwendungsrechnung auf Länderebene ab. Darüber hinaus werden ausgewählte Aggregate (z. B. Bruttoinlandsprodukt und Wertschöpfung) auf Kreisebene berechnet. Die Berechnungen erfolgen nach dem Europäischen System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG 2010). Die hier dargestellten Jahresergebnisse zum Bruttoinlandsprodukt und zur Bruttowertschöpfung sind auf den Berechnungsstand Februar 2024 des Statistischen Bundesamtes abgestimmt. Es handelt sich um vorläufige Ergebnisse der 1. Fortschreibung. Detaillierte Informationen zu den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen der Länder gibt es im Internetangebot des Arbeitskreises „Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder“: www.vgrdl.de
Historische Bauwerke, Mandelblüte und Weinfeste
Der Tourismus ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor in Rheinland-Pfalz. Auch die kreisfreie Stadt Neustadt ist ein beliebtes Reiseziel. Zu den bekanntesten Anziehungspunkten in der Stadt gehören die Stiftskirche aus dem 14. Jahrhundert, die ehemalige Universität Casimirianum und der Steinhäuser Hof. Außerhalb des Stadtgebietes finden sich weitere Sehenswürdigkeiten wie das Hambacher Schloss, die Wolfsburg, die Burg Winzingen sowie das Haardter Schloss. Die Mandelblüte im Frühjahr sowie das Deutsche Weinlesefest mit der Wahl der Deutschen Weinkönigin ziehen ebenfalls viele Besucherinnen und Besucher nach Neustadt. In diesem Jahr feiert die Stadt zudem ihr 750-jähriges Stadtjubiläum und ist Gastgeberin des Rheinland-Pfalz-Tages.
Im Jahr 2024 besuchten 104.895 Gäste Neustadt an der Weinstraße, 9,3 Prozent mehr als im Vorjahr. Das war der zweitstärkste Anstieg unter den kreisfreien Städten (Durchschnitt: +4,6 Prozent) und der viertstärkste Anstieg unter allen 36 Verwaltungsbezirken. Im rheinland-pfälzischen Mittel stiegen die Besucherzahlen nur um 1,3 Prozent. Auch im längerfristigen Vergleich gegenüber 2013[1] konnte Neustadt mit +16 Prozent ein überdurchschnittliches Wachstum der Gästezahl verbuchen, die weit über dem Landesdurchschnitt von +7,5 Prozent lag. Die mittlere Verweildauer der Gäste lag 2024 mit 2,1 Tagen zwar unter dem rheinland-pfälzischen Mittel (2,6 Tage), aber etwas über dem Durchschnitt der kreisfreien Städte (1,9 Tage).
Der Großteil der Besucherinnen und Besucher reiste aus dem Inland an (92 Prozent), nur acht Prozent der Gäste kamen aus dem Ausland. Im rheinland-pfälzischen Durchschnitt lag der Anteil ausländischer Besucherinnen und Besucher mit gut 19 Prozent deutlich höher. Von den 8.360 Gästen aus dem Ausland kamen die meisten aus den Niederlanden (21 Prozent), gefolgt von den Reisenden aus der Schweiz (15 Prozent), Belgien und Österreich (7,8 bzw. 7,5 Prozent).
Gäste und Übernachtungen
Messzahl: 2013=100
1 Werte für 2014 bis 2020: Zahl unbekannt oder geheim zu halten.
© Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz
Die Zahl der Übernachtungen lag 2024 mit gut 224.000 um zwölf Prozent über dem Vorjahreswert. Das war der stärkste Anstieg unter den kreisfreien Städten (Durchschnitt: +2,8 Prozent) und der drittstärkste insgesamt (Rheinland-Pfalz: +0,4 Prozent). Auch im langfristigen Vergleich gegenüber 2013 stiegen die Übernachtungszahlen mit +23 Prozent deutlich stärker als im Land insgesamt (+6,5 Prozent). Die Verteilung der Übernachtungen im Jahresverlauf zeigt deutlich die Vorzüge und Attraktionen der Region: Im Frühling, besonders im April und im Mai, ziehen Mandelblütenfeste, Wanderungen und Weinverkostungen die Gäste an. Im September startet die Weinsaison mit dem Deutschen Weinlesefest.
Übernachtungen 2024
Anteil am Jahr insgesamt in %
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