16/2025 | Dr. Daniel Kreft | Gesundheit, Bevölkerung

Vorzeitige Sterblichkeit

Regionale Unterschiede der vorzeitig verlorenen Lebensjahre für fünf Todesursachengruppen

20. Juli 2025

Vorsätzliche Selbstbeschädigung

Die geringste Spannweite zwischen den rheinland-pfälzischen Verwaltungsbezirken im Vergleich der fünf Todesursachengruppen weisen die vorsätzlichen Selbstbeschädigungen auf. Hier reichen die geringsten potentiellen Verluste von Lebensjahren von 54 Jahren je 100.000 Personen der Standardbevölkerung in der kreisfreien Stadt Zweibrücken bis zu 217 Jahren im Landkreis Cochem-Zell. Nur vergleichsweise wenige Lebensjahre verlieren die Menschen vorzeitig zudem im Eifelkreis Bitburg-Prüm (79 Jahre) und in der kreisfreien Stadt Speyer (94 Jahre). Relativ viele sind es dagegen im Landkreis Cochem-Zell und auch in den Landkreisen Bernkastel-Wittlich (197 Jahre) und Mayen-Koblenz (189 Jahre). Im Vergleich zum Durchschnitt aller Verwaltungsbezirke sind dies also 90 Jahre für Zweibrücken, 65 Jahre für den Eifelkreis Bitburg-Prüm und 50 Jahre für Speyer weniger und 74 Jahre für Cochem-Zell, 53 Jahre für Bernkastel-Wittlich und 45 Jahre für Mayen-Koblenz mehr.

Ein Vergleich der beiden Beobachtungszeiträume zeigt, dass die größten Rückgänge an vorzeitig verlorenen Lebensjahren dieser Todesursachengruppe in den kreisfreien Städten Landau (–194 Jahre) und Zweibrücken (–131 Jahre) sowie im Landkreis Vulkaneifel (–110 Jahre) auftraten. Gegenläufige Entwicklungen gab es vor allem im Landkreis Cochem-Zell (+85 Jahre), in der kreisfreien Stadt Neustadt (+64 Jahre) und im Landkreis Kaiserslautern (+54 Jahre).

Bei den vorsätzlichen Selbstbeschädigungen besteht ein relativ starker linearer statistischer Zusammenhang zwischen dem Niveau der vorzeitig verlorenen Lebensjahre im Zeitraum  und der Veränderung über die Zeit. Der Korrelationskoeffizient liegt bei r=0,7. Regional konzentrieren sich die Verluste von Lebensjahren durch diese Todesursachengruppe vor allem in den Verwaltungsbezirken in der West- und Südeifel sowie in und um die kreisfreie Stadt Kaiserslautern. In diesen Verwaltungsbezirken gab es auch die höchsten Anstiege im Berichtszeitraum.

Altersstandardisierte vorzeitig verlorene Lebensjahre (PYLL) 2020/22 für vorsätzliche Selbstbeschädigung

2020/22 Änderung 2020/22 zu 2017/19
VerwaltungsbezirkPYLLAbweichung  VerwaltungsbezirkPYLLAbweichung 
Zweibrücken, St.54-90 Landau i. d. Pfalz, St.

-194

-184

Eifelkreis Bitburg-Prüm79-65 Zweibrücken, St.

-131

-122

Speyer, St.94-50 Vulkaneifel

-110

-100

Mainz-Bingen99-45 Eifelkreis Bitburg-Prüm

-81

-71

Mainz, St.102-42 Birkenfeld

-73

-64

   

 

 

Worms, St.18036 Südwestpfalz

48

58

Kaiserslautern, St.18238 Germersheim

48

58

Mayen-Koblenz18945 Kaiserslautern

54

64

Bernkastel-Wittlich19753 Neustadt a. d. W., St.

64

73

Cochem-Zell21774 Cochem-Zell

85

95

       
Mittelwert143,7  Mittelwert-10 
Median149,9  Median3 
Spanne163,4  Spanne279 

Unfälle mit Todesfolge

Die Unfälle mit Todesfolge nehmen bei den vorzeitig verlorenen Lebensjahren im Vergleich der fünf untersuchten Todesursachengruppen bundesweit den dritten, in Rheinland-Pfalz jedoch den fünften Platz ein. Die Zahl der hierdurch vorzeitig verlorenen Lebensjahre liegt im Durchschnitt aller Verwaltungsbezirke nur knapp hinter jener bei den vorsätzlichen Selbstbeschädigungen. Im Vergleich der Verwaltungsbezirke verzeichneten im Zeitraum 2020/22 die Bevölkerungen der kreisfreien Stadt Ludwigshafen (70 Jahre je 100.000 Personen der Standardbevölkerung), des Landkreises Kusel (72 Jahre) und der kreisfreien Stadt Landau (79 Jahre) die wenigsten vorzeitig verlorenen Lebensjahre. Die Bevölkerungen des Landkreises Ahrweiler (278 Jahre), der kreisfreien Stadt Pirmasens (242 Jahre) und der kreisfreien Stadt Kaiserslautern (214 Jahre) weisen dagegen die meisten vorzeitig verlorenen Lebensjahre auf. Ludwigshafen unterschreitet den Durchschnitt aller Verwaltungsbezirke um 64 Jahre. In Kusel sind es 61 und in Landau 54 Jahre weniger. Überdurchschnittliche Werte ergeben sich dagegen für den Landkreis Ahrweiler (+145 Jahre) sowie für die kreisfreien Städte Pirmasens (+109 Jahre) und Kaiserslautern (+81 Jahre).

Bei den vorzeitig verlorenen Lebensjahren durch tödliche Unfälle gibt es generell einen leicht positiven Trend, d. h. im Mittel aller Verwaltungsbezirke reduzierte sich die Zahl. In den Landkreisen Kusel (–84 Jahre) und Altenkirchen (–69 Jahre) sowie in der kreisfreien Stadt Ludwigshafen (–55 Jahre) sanken die Werte im Zeitvergleich am stärksten. Einige wenige Bevölkerungen zeigen aber auch deutliche Verschlechterungen hinsichtlich der vorzeitig verlorenen Lebensjahre. So stiegen sie im Landkreis Ahrweiler um 181 Jahre, in der kreisfreien Stadt Zweibrücken um 116 Jahre und im Donnersbergkreis um 58 Jahre. Die sehr hohe Zahl im Landkreis Ahrweiler ist mit der Flutkatastrophe im Jahr 2021 zu erklären, welches als einmaliges Ereignis zur Verzerrung der langfristigen Zahlenreihen führt.

Mit einem Korrelationskoeffizienten von r=0,7 kann ein relativ starker linearer statistischer Zusammenhang zwischen der zeitlichen Entwicklung und dem Niveau der vorzeitig verlorenen Lebensjahre in den Jahren 2020/22 belegt werden. Auffällig bei der regionalen Verteilung ist, dass die geringsten Verluste an Lebensjahren durch Unfälle in den Verwaltungsbezirken entlang des Rheins sowie in großen Teilen der Eifel verzeichnet wurden. In den meisten dieser Verwaltungsbezirke haben sich die Werte zwischen den beiden Beobachtungszeiträumen verbessert, wobei es vom Landkreis Ahrweiler im Norden bis zur Südwestpfalz im Süden Verwaltungsbezirke gibt, in denen es zum Teil zu sehr starken Zuwächsen an vorzeitig verlorenen Lebensjahren kam.

Altersstandardisierte vorzeitig verlorene Lebensjahre (PYLL) 2020/22 für Unfälle mit Todesfolge

2020/22 Änderung 2020/22 zu 2017/19
VerwaltungsbezirkPYLLAbweichung  VerwaltungsbezirkPYLLAbweichung 
Ludwigshafen a. Rh., St.70-64 Kusel

-84

-74

Kusel72-61 Altenkirchen (Ww.)

-69

-59

Landau i. d. Pfalz, St.79-54 Ludwigshafen a. Rh., St.

-55

-45

Mainz, St.81-52 Mayen-Koblenz

-53

-43

Vulkaneifel88-46 Landau i. d. Pfalz, St.

-51

-41

   

 

 

Birkenfeld17642 Kaiserslautern, St.

39

49

Zweibrücken, St.20167 Südwestpfalz

54

64

Kaiserslautern, St.21481 Donnersbergkreis

58

68

Pirmasens, St.242109 Zweibrücken, St.

116

126

Ahrweiler278145 Ahrweiler

181

191

       
Mittelwert133,6  Mittelwert-10 
Median127,7  Median-24 
Spanne208,4  Spanne264 

Zusammenfassung der Ergebnisse

Durch die Vergabe von Rängen für die Verwaltungsbezirke getrennt nach den fünf ausgewählten Todesursachengruppen und die anschließende Aufsummierung in Form eines ungewichteten Index können diejenigen kreisfreien Städte und Landkreise identifiziert werden, deren Bevölkerung eine besonders günstige oder eine besonders ungünstige gesundheitliche Lage aufweist und wie sich diese im Zeitverlauf änderte. Im Zeitraum 2020/22 verzeichneten die Landeshauptstadt Mainz gefolgt von den Landkreisen Trier-Saarburg, Mainz-Bingen, dem Rhein-Pfalz-Kreis und dem Landkreis Alzey-Worms die wenigsten verlorenen Lebensjahre. Die fünf Verwaltungsbezirke mit den ungünstigsten gesundheitlichen Bedingungen sind in absteigender Reihenfolge die Landkreise Birkenfeld, Altenkirchen und Bad-Kreuznach sowie die kreisfreien Städte Kaiserslautern und Pirmasens.

Eine andere Reihenfolge ergibt sich, wenn die Ränge für die Veränderung der vorzeitig verlorenen Lebensjahre zwischen den beiden Beobachtungszeiträumen in einem zusammengesetzten Index ausgewertet werden. In dem Fall weisen der Landkreis Kusel, die kreisfreien Städte Mainz und Ludwigshafen sowie die Landkreise Ahrweiler und Altenkirchen die besten Entwicklungstrends auf. Demgegenüber stehen der Rhein-Hunsrück-Kreis, die kreisfreie Stadt Kaiserslautern sowie die Landkreise Mainz-Bingen, Cochem-Zell und Bad Kreuznach am Ende der Rangreihung.

Werden die beiden Indexwerte der Verwaltungsbezirke zueinander ins Verhältnis gesetzt und in einem Koordinatensystem verortet, wird deutlich, dass sich einige Verwaltungsbezirke in auffälliger Distanz zu den Mittelwerten der Verwaltungsbezirke bzw. zum Schnittpunkt der beiden Mittelwerte positionieren. Die gesundheitliche Lage und ihre Entwicklung können in der Landeshauptstadt Mainz und im Landkreis Kusel als sehr viel positiver beurteilt werden als beispielsweise im Landkreis Bad Kreuznach und in den kreisfreien Städten Kaiserslautern und Pirmasens. Die Einwohnerinnen und Einwohner in den Landkreisen Trier-Saarburg, Mainz-Bingen und Cochem-Zell erlebten im Zeitverlauf zwar eine deutliche Verschlechterung, hatten aber im Zeitraum 2020/22 immer noch eine sehr gute Position im Vergleich aller Verwaltungsbezirke. Für die kreisfreie Stadt Ludwigshafen dagegen lässt sich eine relativ geringe Veränderung im Zeitvergleich nachweisen, dafür liegt sie aber im Zeitraum 2020/22 auf einem der hinteren Ränge im Vergleich der Verwaltungsbezirke. Der Großteil der Bezirke streut um den Schnittpunkt der Mittelwerte in ähnlicher Distanz.

Index des Status 2020/22 und Index der Änderung von 2017/19 zu 2020/22

Fazit

Die Ergebnisse belegen zum Teil bemerkenswerte Unterschiede zwischen den Verwaltungsbezirken, wenn man die Todesursachengruppen untereinander im Niveau und im Trend über die Zeit vergleicht. Die ischämischen Herzkrankheiten verursachen in Rheinland-Pfalz wie auch im Bund die meisten vorzeitig verlorenen Lebensjahre, wobei es absolut mehr Jahre im Land als in Deutschland sind. In absoluten Werten ergibt sich im Vergleich der rheinland-pfälzischen Verwaltungsbezirke die größte Spanne bei den bösartigen Neubildungen der Bronchien und der Lunge. In dieser Todesursachengruppe ergibt sich im Zeitverlauf auch der stärkste durchschnittliche Rückgang bei den vorzeitig verlorenen Lebensjahren. Einen fast gleich starken Rückgang gab es bei den vorzeitig verlorenen Lebensjahren aufgrund von Unfällen und aufgrund von vorsätzlicher Selbstbeschädigung, während jene aufgrund von Krankheiten der Leber relativ stark zunahmen. Die Entwicklungen für die einzelnen Todesursachen sind somit unterschiedlich und ohne klares Muster.

Die ausgewählten Erkrankungen sind stark assoziiert mit Lebensstilfaktoren wie Rauchen, Alkoholkonsum, riskanten Lebensweisen, der Art der Ernährung und der Häufigkeit und Regelmäßigkeit sportlicher Aktivitäten, aber auch mit psychischen Ressourcen oder Einflussfaktoren. All diesen Einflüssen sind zumeist soziale, sozioökonomische und persönliche Merkmale wie Bildung, Einkommen und Vermögen, Gesundheitswissen und -bewusstsein, aber auch der familiäre, der partnerschaftliche sowie der kulturelle Hintergrund und mögliche sprachliche Barrieren zwischen Patientinnen und Patienten einerseits und Ärztinnen und Ärzten andererseits ursächlich direkt und indirekt vorgelagert. Diese Merkmale wiederum stehen in einem wechselseitigen Einfluss mit Faktoren des Wohnumfelds wie der Luftqualität, Lärm, dem Sicherheitsgefühl und der Kriminalitätswahrnehmung, der medizinischen Versorgungslage oder der Erreichbarkeit lebensnotwendiger Einrichtungen wie Krankenhäuser, Apotheken und soziale Begegnungsstätten. 

Die diesem Beitrag zugrundeliegenden Daten der Todesursachenstatistik enthalten keine direkten Informationen, die über die eingangs genannten hinausgehen, etwa zu persönlichen Merkmalen der Verstorbenen oder zum (nahen) Wohnumfeld. Jedoch ist vor allem an der Zusammenfassung der Ergebnisse der fünf ausgewählten Todesursachengruppen auf Basis der Rangskalen zu erkennen, dass es keine eindeutigen Unterschiede zwischen den kreisfreien Städten und den Landkreisen gibt. So verloren Menschen in Mainz im Zeitraum 2020/22 die wenigsten Lebensjahre vorzeitig, während es bei den Menschen in den kreisfreien Städten Kaiserslautern und Pirmasens die meisten waren. Es liegt also ein komplexeres Zusammenhangsmuster vor, welches über die demografische und sozioökonomische Zusammensetzung der Einwohnerinnen und Einwohner hinausgeht. Gelänge es, in weiterführenden Untersuchungen die dominanten Einflussfaktoren zu ermitteln, so könnten gezielte Maßnahmen identifiziert werden, die die Gesundheit der Personen in allen Verwaltungsbezirken, aber vor allem in jenen mit besonders ungünstigen Ausgangslagen bzw. mit besonders ungünstigen Entwicklungen, langfristig verbessern.

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